Menschenwürde und...

Menschenwürde und Freiheit bis zum Lebensende

Eigenverantwortung bis ans Lebensende ermöglichen und die Freiheit nicht behindern: Die FDP-Kantonsratsmitglieder unterstützen grossmehrheitlich die Parlamentarische Initiative «Selbstbestimmung am Lebensende auch in Pflegeeinrichtungen». Mit der Gesetzesänderung sollen alle, mit öffentlichen Geldern subventionierten Institutionen verpflichtet werden, die Freitodbegleitung in ihren Räumen zuzulassen.

Der Grosse Rat des Kantons Thurgau steht vor einer emotionalen Debatte. «Über den Tod zu reden, ist nie einfach und schon gar nicht, wenn es um das freiwillig herbeigeführte Lebensende geht», sagt FDP-Kantonsrat Bruno Lüscher, der die Parlamentarische Initiative «Selbstbestimmung am Lebensende auch in Pflegeeinrichtungen» lanciert hat. Mit der Gesetzesänderung sollen alle in den vom Regierungsrat bewilligten Pflegeeinrichtungen lebenden Personen auf eigene Kosten Sterbehilfe in Anspruch nehmen können. Aktuell ist es diesen freigestellt, ob sie Freitodbegleitung in ihren Räumen zulassen oder nicht. Der Regierungsrat des Kantons Thurgau stützt sich auf die Wahlfreiheit und empfiehlt daher, die Parlamentarische Initiative nicht zu unterstützen.

Das soziale Umfeld behalten

Das Argument der Wahlfreiheit ist für Bruno Lüscher kein Grund, Räumlichkeiten für assistierte Suizide – als Verpflichtung in allen Pflegeeinrichtungen – abzulehnen. Menschen, die vor einem Heimeintritt stünden, hätten vielmehr mit dem Umstand zu kämpfen, ihr angestammtes Zuhause und soziale Umfeld verlassen zu müssen, als sich zu erkundigen, wo Sterbehilfe zugelassen wird. «Sie wollen ihren letzten Lebensabschnitt in der Nähe ihres bisherigen Wohnortes verbringen», weiss der Aadorfer Kantonsrat aus seiner langjährigen Erfahrung als Präsident einer Pflegeeinrichtung.

Wunsch selbstbestimmt – Vollzug mit Profis

«Es darf nicht sein, dass in öffentlich subventionierten Heimen lebende Thurgauerinnen und Thurgauer, welche Sterbehilfe in Anspruch nehmen möchten, ihr Domizil verlassen müssen. Die neue Verpflichtung im Gesetz zum Gesundheitswesen bedeutet nicht, dass Institutionen die Freitodbegleitung in ihren Räumen selbst vollziehen müssen. «Für den Vollzug des assistierten Suizids sind in erster Linie die Angehörigen und vor allem spezialisierte Unternehmen wie beispielsweise Exit verantwortlich», halten Vorstösser Bruno Lüscher und Martina Pfiffner Müller, Erstunterzeichnende der Parlamentarischen Initiative, fest.

Die Gesellschaft verändert sich

Für FDP-Kantonsrätin Martina Pfiffner Müller ist klar: «Wir dürfen die gesellschaftliche Entwicklung nicht ausser Acht lassen.» Der Wunsch nach Selbstbestimmung sowie die Lebenserwartung steigen kontinuierlich. «Wir wollen den Veränderungen gerecht werden und halten die Freiheit bis zum Lebensende für das höchste Gut», so die Gachnanger Kantonsrätin. Eine grosse Mehrheit der FDP-Fraktion unterstützt die am Mittwoch im Grossen Rat traktandierte Parlamentarische Initiative «Selbstbestimmung am Lebensende auch in Pflegeeinrichtungen».